GOÄ 2009, 2010 Entfernung eines Fremdkörpers - Liebold/Raff/Wissing - DER Kommentar BEMA + GOZ - Stand November 2018 (120 EL)
Asgard-Verlag

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GOÄ 2009, 2010 Entfernung eines Fremdkörpers

Abschnitt L. I. des Gebührenverzeichnisses der GOÄ

GOÄ-Nrn. 2009 und 2010
Entfernung eines Fremdkörpers
Abr.-Nr.LeistungBewertungszahl
2009
Entfernung eines unter der Oberfläche der Haut oder der Schleimhaut gelegenen fühlbaren Fremdkörpers
12
Abr.-Nr.LeistungBewertungszahl
2010
Entfernung eines tiefsitzenden Fremdkörpers auf operativem Wege aus Weichteilen und/oder Knochen
43

Abrechnungsbestimmungen zur GOÄ:

Zu GOÄ-Nrn. 2009, 2010:

Keine
Allgemeine Bestimmungen
Zur Erbringung der in Abschnitt L. aufgeführten typischen operativen Leistungen sind in der Regel mehrere operative Einzelschritte erforderlich. Sind diese Einzelschritte methodisch notwendige Bestandteile der in der jeweiligen Leistungsbeschreibung genannten Zielleistung, so können sie nicht gesondert berechnet werden.

Richtlinien:

A. 
2. 
Die vertragszahnärztliche Versorgung umfasst die Maßnahmen, die geeignet sind, Krankheiten der Zähne, des Mundes und der Kiefer nach dem wissenschaftlich anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu verhüten, zu heilen, durch diese Krankheiten verursachte Beschwerden zu lindern oder Verschlimmerungen abzuwenden, soweit diese Maßnahmen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mit verantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an der Krankenbehandlung dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden.
A. 
4. 
Im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung bestimmt der Zahnarzt nach entsprechender Aufklärung und unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten Art und Umfang der Behandlungsmaßnahmen. Der Zahnarzt hat auf eine zweckmäßige Verwendung der von der Gemeinschaft aufgebrachten Mittel der Krankenversicherung zu achten. Das Maß des medizinisch Notwendigen darf nicht überschritten werden. Die diagnostischen Maßnahmen und die Therapie haben dem Gebot der Wirtschaftlichkeit zu entsprechen.

Schnellübersicht zum Kommentar:

Abrechnungsfähig
– 
je zu entfernendem Fremdkörper
– 
für die Entfernung mehrerer Fremdkörper bei einem gemeinsamen operativen Zugang einfach abrechnungsfähig
– 
bei jeweils getrenntem Operationszugang bei mehreren Fremdkörpern mehrfach abrechnungsfähig
– 
für fühlbare Fremdkörper
– 
unter der Oberfläche der Haut (Nr. 2009)
– 
unter der Schleimhaut (Nr. 2009)
– 
für tief sitzende Fremdkörper auf operativem Wege aus Weichteilen und/oder Knochen (Nr. 2010)
Zusätzlich abrechnungsfähig
– 
Zahnärztliche Leistungen des BEMA und aus dem geöffneten Teil des Gebührenverzeichnisses der GOÄ
Nicht abrechnungsfähig
– 
für die Entfernung von therapeutisch eingebrachten Materialien (z. B. Osteosynthesematerial Nr. 2694)
– 
für die Entfernung von Fremdkörpern aus der Kieferhöhle (Nr. 1467)
– 
für die Entfernung von Fremdkörpern durch Osteotomie aus dem Kieferknochen (Nr. 2651)
– 
für die Entfernung von Fremdkörpern aus einem Gelenk (Nr. 2118)
– 
für die Entfernung von Implantaten (Explantation) (außervertragliche Leistung)
– 
für die Entfernung von außervertraglich eingebrachten Materialien (z. B. Membranen oder ähnlichem im Rahmen einer GBR/GTR-Therapie) (außervertragliche Leistung)
– 
wenn es sich nicht um die Entfernung eines Fremdkörpers handelt
– 
für die Entfernung von Zementresten beim Einsetzen von Zahnersatz oder im Rahmen der Füllungstherapie
– 
für das Entfernen von Wurzelspitzen oder überstopftem Wurzelfüllmaterial im Zusammenhang mit einer Wurzelspitzenresektion nach BEMA-Nr. 54
– 
Zuschläge (Operationsmikroskop, Laser, ambulante Operation) nach den Nrn. 440 bis 445
neben Nr. 2009
– 
Nr. 2010 (Entfernung eines tiefsitzenden Fremdkörpers auf operativem Wege aus Weichteilen und/oder Knochen)
– 
Nr. 8200 (Verband – ausgenommen Schnell- und Sprühverbände, …)
neben Nr. 2010
– 
Nr. 2009 (Entfernung eines unter der Oberfläche der Haut oder der Schleimhaut gelegenen fühlbaren Fremdkörpers)
– 
Nr. 8200 (Verband – ausgenommen Schnell- und Sprühverbände, …)
Abrechnung
– 
Abrechnung entsprechend regionaler Vorgaben der zuständigen KZV über die KCH-Quartalsabrechnung
– 
mittels elektronischer Datenübermittlung
– 
auf maschinell verwertbaren Datenträgern
– 
nur dann über Abrechnungsformular für Kiefergelenkserkrankung und Kieferbruch (BEMA-Teil 2 – KG/KB-Monatsabrechnung), wenn Leistungen im Rahmen von Behandlung von Kiefergelenkserkrankung oder Kieferbruch erforderlich sind. Regionale Unterschiede sind zu beachten.

Kommentar:

1 Begriffsbestimmung und Indikation

Wunde
Durch Gewalteinwirkung (Trauma) auf den Körper wird eine Kontinuitätsunterbrechung der Körpergewebe mit Deckschichtfunktion, also in erster Linie der Haut und der Schleimhaut, hervorgerufen. Diese Zusammenhangsunterbrechung wird Wunde genannt. Verheilt eine solche Wunde nach den Prinzipien der primären oder der sekundären Wundheilung, ohne dass eine adäquate Wundversorgung mit Reinigung und Untersuchung (Inspektion) der Wunde durchgeführt wird, so ist es leicht möglich, dass beim Trauma eingedrungene Fremdkörper im Gewebe verbleiben. Auch nach operativen Eingriffen können Fremdkörper in Geweben verbleiben.
 
Fremdkörper
Fremdkörper können bei allgemeinen Traumen Glassplitter, Straßenschmutz, Holzsplitter u. Ä. sein. Insbesondere in der zahnärztlichen Chirurgie können Fremdkörper auch Zahn- oder Knochenfragmente, Teile von Amalgamfüllungen, überstopfte Wurzelfüllungen oder andere zahnärztliche Materialien sowie Fragmente von Nahtmaterial (Nadelbruch) sein. Des Weiteren können sich Fremdkörper z. B. im Rahmen der Nahrungsaufnahme oder durch versehentliches „in den Mund nehmen“ spitzer Gegenstände in der Mund- oder Rachenhöhle einspießen.
Fremdkörper können der Ausgangspunkt von akuten Entzündungen (z. B. Abszess) oder chronischen Entzündungen (z. B. Granulom, Fistel) sein. Sie sollen daher möglichst entfernt werden. Lediglich tief liegende Fremdkörper, die keine akute Umgebungsreaktion verursachen, können ggf. belassen werden. Bei der Entfernung tastbarer Fremdkörper erschöpft sich das operative Vorgehen in der Regel in der einfachen Inzision der Haut oder Schleimhaut, eventuell einer geringgradigen Freipräparation des Fremdkörpers aus dem Gewebe, der Fremdkörperentnahme und dem abschließenden Nahtverschluss.
Bei tief liegenden Fremdkörpern muss in der Regel ein operativer Weg der Entfernung gewählt werden. Dies bedeutet, dass nach dem Hautschnitt weitere Gewebeschichten wie z. B. das Unterhautfett- und Unterhautbindegewebe, Muskeln, Faszien oder Knochen durchtrennt, blutgestillt und anschließend auch wieder schichtgerecht miteinander vernäht werden müssen. Da ein solcher Fremdkörper außerdem erst bei der Tieferpräparation ins Gewebe tastbar wird, muss möglicherweise in die eine oder andere Richtung Gewebe weiterpräpariert werden. Der Aufwand wird hierdurch beträchtlich gesteigert. Daher muss bei tiefliegenden Fremdkörpern immer sorgfältig abgewogen werden, ob der Erfolg der Operation in Relation zum Aufwand und der möglichen Schädigung des umgebenden Gewebes steht.
Wird im Rahmen einer Verletzung zum Schutz vor einer Erkrankung an Wundstarrkrampf eine Impfung mit Tetanus-Impfstoff (Impfstoff gegen Wundstarrkrampf) notwendig, so ist die Weiterleitung des Verletzten an den Hausarzt erforderlich. Wird Tetanus-Impfstoff in der zahnärztlichen Praxis bevorratet, kann die intramuskuläre Injektion nur nach Nr. 8252 abgerechnet werden, da die höher bewerteten Nrn. 375 (Schutzimpfung) oder 378 (Simultanimpfung Wundstarrkrampf) GOÄ im Abschnitt C. V. des Gebührenverzeichnisses der GOÄ enthalten sind, der für die vertragszahnärztliche Abrechnung nicht zugänglich ist.

2 Abrechnung

2.1 Leistungsinhalt

Liegen die Fremdkörper oberflächlich unter der Haut oder Schleimhaut und sind sie tastbar, so gestaltet sich die Entfernung dieser Fremdkörper in der Regel einfach. Entfernungen solcher Art gelegener Fremdkörper werden nach der Nr. 2009 abgerechnet. Sitzen die Fremdkörper tief unter der Haut oder Schleimhaut in den Weichteilen und/oder im Knochen, so gestaltet sich die Entfernung dieser Fremdkörper in der Regel weitaus komplizierter. Die Entfernung tief gelegener Fremdkörper wird nach Nr. 2010 abgerechnet.
Zum Ansatz der Nr. 2009 sind drei gleichwertige Voraussetzungen notwendig: a) oberflächlich, b) unter der Haut oder Schleimhaut gelegen und c) fühlbar. Es wird also a) auf die Lage (oberflächlich, unter der Haut oder Schleimhaut gelegen) und b) auf den Tastsinn des Arztes (fühlbar) Bezug genommen. Sitzt beispielsweise ein Fremdkörper unter einem Fingernagel, ist dieser zwar nicht fühlbar, aber sichtbar; wird der Fremdkörper mit der Splitterpinzette entfernt, handelt es sich um eine Entfernung nach Nr. 2009.
Sind diese Umstände nicht gegeben, ist Nr. 2010 abrechenbar:
Sitzen die Fremdkörper tief unter der Haut oder Schleimhaut in den Weichteilen oder im Knochen, so gestaltet sich die Entfernung dieser Fremdkörper in der Regel weitaus komplizierter. Entfernung tief gelegener Fremdkörper werden nach Nr. 2010 abgerechnet. Die Entfernung auf operativem Wege bedeutet das schichtweise Präparieren in die Tiefe. Nr. 2010 ist nicht für Gelenke abrechenbar, aber für Weichgewebe (Unterhautzellgewebe, Faszien, Muskulatur, Sehnen) und Knochen.
Die Leistungen nach Nrn. 2009 oder 2010 beinhalten die Entfernung eines Fremdkörpers. Bei der Entfernung mehrerer Fremdkörper sind diese Leistungen mehrfach abrechenbar. Allerdings muss es sich dabei um getrennte operative Zugänge handeln. Eine mehrfache Abrechnung ist ausgeschlossen für die Entfernung mehrerer, nebeneinander liegender Fremdkörper aus einem operativ eröffneten Bereich.
Die Nrn. 2009 und 2010 beinhalten die operative Fremdkörperentfernung einschließlich der Wundversorgung. Damit sind sowohl Einschnitte als auch die Verschlussnähte abgegolten. Das gilt auch für einen etwaigen seitlich vom Fremdkörper notwendigen Sekundärschnitt, z. B. bei schräg eingedrungenem Fremdkörper. Die desinfizierende Wundversorgung ist ebenfalls inbegriffen. Daneben sind Verbände nach Nr. 8200 nicht abrechnungsfähig, da es sich um operative Leistungen handelt.
Als Fremdkörper werden nur Gegenstände bezeichnet, die nicht bestimmungsgemäß in den Körper gelangt sind. Hingegen sind Gegenstände oder Materialien, die aus medizinischen Gründen bewusst eingebracht werden (z. B. Implantate, Membranen, Osteosynthesematerial, alloplastische Materialien) ebenso keine Fremdkörper wie z. B. pathologisch bedingte Bildungen von Speichelsteinen. Wundkrusten sind ebenfalls keine Fremdkörper.
Die Entfernung einer Wurzelspitze oder von überstopftem Wurzelfüllmaterial im Zusammenhang mit einer Wurzelspitzenresektion wird nach der BEMA-Nr. 54 berechnet, neben der die Abrechnung der Nrn. 2009 und 2010 in der Regel nicht möglich ist. In Einzelfällen kann es jedoch zum Eindringen von Wurzelfüllmaterial in weit von der Wurzelspitze entfernte Regionen (z. B. Knochenlakunen, Nervkanäle, Kieferhöhle etc.) gekommen sein. Dann erhält die Fremdkörperentfernung – neben einer ggf. gleichzeitig durchgeführten Wurzelspitzenresektion – selbstständigen Charakter, der in diesen Ausnahmefällen unter der Bedingung einer adäquaten umfassenden Dokumentation gesondert nach der GOÄ-Nr. 2010 berechnet werden kann. Der erweiterte Aufwand für eine solche Fremdkörperentfernung neben einer Wurzelspitzenresektion entspricht hierbei in aller Regel nicht demjenigen, der bei der solitären Entfernung tief liegender Fremdkörper durch Osteotomie aus dem Kiefer mit der Nr. 2651 abgebildet wird. Eine Kombination von Wurzelspitzenresektion nach der BEMA-Nr. 54 und der Nr. 2651 ist wegen Leistungsüberschneidung daher nicht möglich.
Für die operative Entfernung von eingebrachten Gegenständen und Materialien stehen gesonderte Gebührennummern zur Verfügung (vgl. z. B. Nr. 2694, Entfernung von Osteosynthesematerial).
Die Nrn. 2009 und 2010 dürfen nicht für die Entfernung von bei Operationen gelegten Fäden und Klammern berechnet werden, da es sich hierbei auch nicht um Fremdkörper handelt. Ein Faden wird aber dann zum Fremdkörper, wenn er bei der Entfernung nach Nr. 2007 abreißt, zunächst nicht bemerkt wird und dann einwächst. Der Fadenrest ist in diesem Fall ein nicht bestimmungsgemäß in den Körper eingebrachtes Material.
Für die solitäre Entfernung eines tief liegenden Fremdkörpers durch Osteotomie aus dem Kieferknochen ist die höher bewertete Leistung nach Nr. 2651 abrechenbar.
Wird ein eingespießter Fremdkörper aus Mund oder Rachen ohne operativen Zugang entfernt, ist Nr. 1508 statt Nrn. 2009 oder 2010 abrechenbar.
Für eine Implantatentfernung (Explantation) oder eine Entfernung von Membranen zur gesteuerten Gewebsregeneration (GBR/GTR) oder Membranfixationspins u. Ä. sind die Nrn. 2009 oder 2010 als vertragszahnärztliche Leistungen nicht abrechenbar. Solche Leistungen sind – ebenso wie die Einbringung – außervertraglich und auf Grundlage der Vereinbarung einer Privatbehandlung abzurechnen.
Zuschläge (Operationsmikroskop, Laser, ambulante Operation) nach den Nrn. 440 bis 445 sind als vertragszahnärztliche Leistungen nicht abrechenbar.